Stolz auf Politiker
Ich halte dagegen: Sperre mich gegen die Politikerschelte.
Armer Franz Müntefering (Foto: www.spiegel.de). Ohnehin asketisch, reibt ihn die Legitiamations-Tour auf. Zusammenbruch.
Für einen klitzekleinen Moment erntet er als Politiker mehr als Häme, Hass und oftmals viel schlimmer: Desinteresse. Er muss als Mensch erst einknicken, um die physische Belastung sichtbar zu machen, unter der fast alle Berufspolitiker stehen.
Die Moderne fördert die Individualität und erhöht den Stress. Jede Entscheidung muss der Einzelne selbst treffen, wenn sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen verschlechtern, verschmelzen innerer und äußerer Druck. Und der kumuliert in Politikern. Weil die in Deutschland eben sehr nah am Volk sind.
Ich weiß, dass ich damit gegen den Trend argumentiere. Doch gerade, wie die Deutschen ihre politischen Eliten herausbilden, finde ich vorbildlich. Kein Kastensystem wie es die Grandes Ecoles in Frankreich gebären, keine geschlossene Gesellschaft wie in England. Sondern die Ochsentour von der Nominierung im Ortsverband über die Listenaufstellung in den Landesverbänden bis zur Wahl selbst.
Diese Art der Legitimation der Personen selbst mag dazu führen, dass sich nurmehr bestimmte Charaktere für diesen Wahnsinn zur Verfügung stellen. Doch diejenigen, die dafür auf ein besseres Gehalt in der Wirtschaft verzichten, auf kürzere Arbeitszeiten, die sie als Beamte gehabt hätten, können nichts für den Mechanismus.
Ihnen gebührt unser Respekt, wie jetzt Franz Müntefering unser Mitgefühl gilt.
2 Comments:
Dein Ansatz gefällt mir, Politiker als Menschen zu beschreiben. Das versuche ich auch. Um so mehr ärgert mich, dass M. leider zu denen gehört, die selten sachlich, meist polemisch und noch häufiger persönlich bis verletzend "argumentieren". An wirklich gute Taten von ihm kann ich mich nicht erinnern. Er gehört zu denen, die auf Gesagtes bzw. laut Gedachtes nur mit neuem Sagen reagieren. Menschlich hat er mein Mitgefühl. Politisch ist er wertlos.
Sein Zusammenbruch offenbart: Politik - besonders jene in Zeiten des Wahlkampfs - ist Theater. Im Wortsinn. Jeden Tag ein halbes Dutzend Auftritte, 20 Städte die Woche, vor Zehntausenden Zuhörern. Dass die Inhalte auf der Strecke bleiben, während der Partei-Tross fortaneilt - offensichtlich. Ich habe deshalb kein Mitleid mit Franz M.; wer Teil des Theaters sein will, kennt die Folgen, weiß um die Strapazen und muss darum die Konsequenzen tragen. Oder die Bühne verlassen.
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