03 August 2005

Politik mit Behindertenbonus

Forschung und Ihre Transformation. Auch der extrem schlaue Prof. Wolfgang Donsbach von der TU Dresden hatte das Fernsehduell von 2002 untersucht und trefflich termingenau jetzt die Ergebnisse vorgestellt.
Einige Zitate:

* "Ein eindeutiger Sieger des ersten Fernseh-Duells war nicht feststellbar.
* Gut jeder dritte Befragte (35 Prozent) änderte einige Tage nach dem Duell seine Meinung zum Duellsieger. Von diesen Veränderungen profitierte Kanzler Schröder stärker als sein Herausforderer.
* Als Einflussfaktoren auf die Veränderung des wahrgenommenen Siegers kristallisierten sich die wahrgenommene Medienberichterstattung zum Fernsehduell und die Nutzungshäufigkeit der Fernsehnachrichten heraus.


Anders gesagt. Die Medien machen sich Ihre Meinung selbst. Zum Glück gibt es kluge Begleiter unter den Journalisten, wie die FTD heute in einer treffenden Zusammenfassung der Ergebnisse beweist:

"Medienberichte wichtiger als TV-Duell
Bei TV-Duellen von Spitzenkandidaten hat die anschließende Berichterstattung laut einer Studie einen weit größeren Einfluss auf den Ausgang von Wahlen als das Rededuell selber. Zu diesem Ergebnis kommt ein gemeinsames Forschungsprojekt des Allensbach-Instituts und der Universitäten Dresden und Mainz, das in Berlin vorgestellt wurde."

Das alles wäre so langweilig, wenn es nicht wiederum die Metaebene der Metaebene gäbe, in diesem Fall aus der Feder von Ludwig Greven, der sich gegen die These stemmt, dass Schwitzfleck-Angie Fehler machen würde. Besonders lobt er ihren Entschluss, sich nur in einem TV-Duell zu stellen.

Meine Lieblingsgemeinheit (es ist die vierte von fünf) ist diese:

"Als Frau und Ossi genießt Merkel doppelten Behindertenbonus, der sie quasi unbezwingbar macht. Anders als den Gegner Edi „Äh" Stoiber kann „Acker" Schröder sie nicht beinhart attackieren oder mit versteckten Fouls aufs Kreuz legen, wie er es seit seiner Jugend geübt hat. Die Mehrheit der weiblichen Wähler und die Gerechtigkeitsfanatiker in der Ex-DDR würden das wahlweise mit der schwarz-gelben oder dunkelroten Karte ahnden. Schröder bleibt deshalb nur die zweischneidige Waffe der Arroganz („Ach, verehrte Frau Merkel, ich muss Ihnen das mal erklären …"), die sich aber leicht gegen ihn selber richten kann."

Bleibt die Aufgabe, dass sich die Journalisten im postmodernen Spiel nicht mit sich selbst verheddern und so zu wenig Orientierung für jene bieten, denen das Spiel geldernst ist - den Lesern und Zusehern.

Wenn wir die großen Erzählungen schon verloren haben, sollten die Kleinstgeschichten-ERzähler nicht mit den realen Menschen spielen als seien sie nur Figuren.