02 August 2005

Kritik der unreinen Werbung

Wir sind ja so kritikfähig. Auch gegen Medien. Sozialkundelehrer, die Medienpädagogik-Seminare besuchten, versuchten sich an uns.

Alte Vorbilder. Heribert Riehl-Heyses Bestseller über
Bestellte Wahrheiten. Vergriffen. Richtete Streiflichter auf die dunkle Bedrohung der Ethik im Journalismus, als sie eigentlich noch nicht in Gefahr war. Barschels Badewannenfotos. Landräte, die dezent undezente Goldmünzen in Journalisten-Taschen gleiten ließen. Die Medienwelt ist hier noch in Ordnung, Entartungen leicht zu brandmarken. Ausnahmen sind Ausnahmen.

Heute. Paradigmenwechsel. Mit Riehl-Heyses Suchmaschine wird keine relevanten Ergebnisse für die Suchanfragen "Ethik" +"Verstöße" + "Medien" finden. Medien sind vom
Artikel 5 des GG zum Handelsrecht gewandert. Journalismus als Kostenfaktor.

Erwartbare Beurteilung. Das Landgericht Berlin hat auf die Klage des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen hin die Online-Darstellungen der "Volks"-kampagnen von
www.bild.de untersucht. Und verboten. Das Urteil ist nicht sonderlich erhellend. Ach, das gilt als Schleichwerbung, nur weil ein Produkt mit dem kompletten Boulevard-Instrumentarium schmackhaft gemacht wird. Na klar.

Unerwartete Verteidigung. Die Bild-Anwälte behaupten einfach nur die Realität:
"Das Unternehmen hatte in dem Verfahren argumentiert, gerade jüngere Internetnutzer gingen von einem generellen Werbecharakter des Internet aus. Eine klare Abgrenzung zwischen Werbung und redaktionellen Beiträgen sei deshalb nicht erforderlich."
Wahrscheinlich ist das längst in den Köpfen passiert. Das sind die neuen "bestellten Wahrheiten". Zum Glück ist Recht langsamer als Wirtschaft.

Kant fortschreiben. Vernunft einsetzen. Lichtstrahl in der Richtung ändern.

Sozialkundeleher! Ändert Eure Lehrpläne!